Christliche Mission als Ausdruck der Liebe

Die Mehrung der Ehre Gottes als Inhalt unseres Gebetes. Im Lukasevangelium wird berichtet, wie Jesus beim Aufenthalt im Haus von Martha und Maria die Wichtigkeit dessen unterstrich, nicht nur “sich viel zu schaffen mit der Bedienung” zu machen (wie Martha), sondern “sich zu den Füßen des Herrn” zu setzen und “Seinem Wort” zu lauschen (wie Maria). Nachdem sich Martha nämlich darüber unzufrieden zeigte, dass ihre Schwester ihr nicht im Haushalt bei der Bewirtung Jesu als ihres Gastes helfe, betonte Jesus die Notwendigkeit, sich zuallererst von Ihm geistig “bewirten” zu lassen, bzw. unterstrich mit folgenden Worten die betreffende Priorität: “Martha, Martha, du sorgst und kümmerst dich um gar viele Dinge. Nur eines ist notwendig. Maria hat sich fürwahr den besten Teil erwählt. Er soll ihr nicht genommen werden.” (Vgl. Lk 10,38-42) Auf diese Weise kommt für einen Christen die Notwendigkeit zum Vorschein, auf die Worte Jesu zu achten und sie in seine gesamte Lebenshaltung zu integrieren.
Dann verweilte Jesus “an einem Ort im Gebet. Als Er damit zu Ende war, bat Ihn einer von Seinen Jüngern: ‘Herr, lehre uns zu beten, wie auch Johannes seine Jünger beten gelehrt hat.’” (Lk 11,1). Daraufhin lehrte sie Jesus das uns allen ja hinlänglich bekannte “Vaterunser”, welches ja gerade wegen der Tatsache, dass Jesus höchstpersönlich dessen Urheber ist, völlig zurecht als das wichtigste Gebet der ganzen Christenheit angesehen wird.
Wenn wir aber aufmerksam auf dieses “Vaterunser” schauen, erkennen wir, dass dessen erste drei Bitten allesamt die Mehrung der Ehre Gottes zum Inhalt haben! Hier flehen wir zu unserem himmlischen Vater also nicht um irgendeine wichtige Gabe für uns, so sehr wir auf Seine Gnade, Hilfsbereitschaft und Barmherzigkeit angewiesen sind, sondern stellen Seine vielfältige Glorie in den Mittelpunkt unseres Gebetes: “So sollt ihr nun beten: ‘Vater unser, der Du bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Es komme Dein Reicht. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden.” (Mt 6,9f.)
Wenn also nach der Anordnung Jesu von uns zuerst Sein Name “geheiligt” werden soll, dann sollen wir unseren Blick auf die sittliche Vollkommenheit Gottes richten und diese dann auch ausdrücklich verherrlichen bzw. ganzheitlich-willentlich bejahen! Man bedenke, im Gloria-Hymnus der hl. Messe (“Ehre sei Gott in der Höhe”), der bis auf die Ferial- und Sonntage der Advents- und Fastenzeit fast täglich gebetet wird, sagt die katholische Kirche Gott sogar “Dank ob Deiner großen Herrlichkeit” - voll und ganz auf Seine Ehre fokussiert!
Wenn wir dann beten, Sein “Reich” möge zu uns kommen, heben wir diese moralische Absolutheit Gottes hervor und äußern ausdrücklich den Gebetswunsch, Seine Sittlichkeit möge auch unter uns allen hier auf Erden konkrete (und nicht nur theoretische) Realität werden! Und wenn dann von uns schlussendlich auch noch die Bitte zum Ausdruck gebracht wird, Sein “Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden”, unterstreicht das sowohl das von uns in frommer Gesinnung zu intendierende Interesse, der heilige Wille Gottes möge auch alle unsere irdischen Lebensbereiche erfassen und heilsam mitbestimmen, als auch, Seine sittliche Oberhoheit möge bei möglichst allen Menschen Anerkennung finden!
Man beachte, dass wir im “Vaterunser” ja von Jesus selbst angeleitet werden, so zu beten. Wenn aber so zu beten, dann logischerweise auch so zu denken und zu wünschen! Seine Gebetsanleitung soll somit zum eindeutigen, selbstverständlichen und unanfechtbaren Gebot, sprich zum klaren Gesetz für uns alle werden! Wer das nicht anerkennen will, hat wohl irgendetwas nicht richtig verstanden bzw. macht nicht das Gebot Jesu zur Richtschnur seines Denkens und Handelns.
Der Missionsauftrag. Voll auf dieser Linie befindet sich auch der sogenannte Missionsbefehl Jesu an Seine Jünger. Unmittelbar vor Seiner Himmelfahrt traf sie Jesus in Galiläa. “Da trat Jesus näher, redete sie an und sagte: ‘Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. So geht denn hin und macht alle Menschen zu Jüngern, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und sie alles halten lehrt, was Ich euch geboten habe. Seht, Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.’” (Mt 28,18-20)
Zunächst hat also Jesus hier überdeutlich auf Seine höchste Autorität verwiesen, die sowohl “im Himmel” als auch “auf Erden” gilt. Somit gibt es aus der Sicht Jesu Christi selbst außer Ihm oder auch “nur” neben Ihm keine andere Instanz in Fragen der Wahrheit und der Moral, die mit Ihm wie auch immer konkurrieren könnte bzw. von uns anerkannt werden darf. Also z.B. auch kein Mohammed und auch kein Buddha und auch sonst niemand, der sich entweder selbst als “Prophet” irgendeines “Gottes” aufspielt oder von den Menschen dazu gemacht wird. Somit darf wohl auch nicht der Verweis auf das “menschliche Gewissen” dazu dienen, der ausdrücklichen Lehre Jesu zu widersprechen, geschweige denn sie wie auch immer aufzuheben, so sehr die Frage nach dem Gewissen an sich auch sehr wichtig ist in moralischen Fragen.
Ferner wird von Ihm ganz unmissverständlich auch ein Gebot an Seine Jünger formuliert. Die Apostel sollen nämlich von der edlen Absicht getragen werden, möglichst “alle Völker zu Jüngern” Jesu Christi zu machen, wobei da für keinen einzigen Menschen - somit z.B. auch nicht für die Juden - irgendeine substanzielle Ausnahme gemacht werden darf! Alle ohne Ausnahme sind auf die gläubige Annahme der Erlösungsgnaden angewiesen, die Jesus Christus als Eingeborener Sohn Gottes durch Sein stellvertretendes Leiden und Sterben erworben hat. Besteht ja die zentrale Heilsaussage des christlichen Glaubens darin, dass Er durch Seinen Kreuzestod unsere Sünden gesühnt und für uns den Weg zur Gemeinschaft mit Gott (wieder) geöffnet hat!
Diese Jüngerschaft soll also konstituiert werden in der Taufe auf den Namen des Dreifaltigen Gottes als auch in der gehorsamen Annahme der gesamten Lehre Jesu Christi und Seiner Kirche. Somit kann die Aufgabe der katholischen Kirche nicht etwa darin bestehen, ihren Missionsauftrag sträflich zu vernachlässigen oder sogar ganz aufzugeben und den Nichtchristen dann scheinheilig lediglich den Status etwa so genannter “anonymer Christen” zuzuordnen. Es ist gerade Ausdruck der echten und aufrichtigen Liebe Christi und der katholischen Kirche mit allen Menschen, dass Jesus und Seine wahren Jünger von der ausdrücklichen Absicht beseelt sind, alle Menschen mögen das Licht des Evangeliums erkennen und dann auch und besonders durch den Empfang der hl. Sakramente an der Gnade der Erlösung und dem ewige Leben Anteil gewinnen!
Somit werden in diesem Missionsbefehl von Jesus drei wichtige Grundsätze aufgestellt, die sich in den Evangelien auch vorher schon deutlich herauskristallisiert haben. Erstens ist Er der göttliche Erlöser, der mit göttlicher Autorität spricht und das wahre Heil bzw. die Erlösung von der Sünde gewirkt hat, die Er dann den Menschen in der Taufe und den anderen Sakramenten als die gnadenhafte Teilhabe am göttlichen Leben anbietet. Zweitens stellt Er fest, dass es ohne Ihn bzw. unabhängig von einem aufrichtigen Bekenntnis zu Ihm keine anderen Heilswege zum wahren Gott gibt - Er ist der einzige von Gott gesandte Messias, der die Welt erlösen kann und erlöst hat! Und drittens soll die Kirche als Heilsinstitution Jesu Seine Mission zur Erlösung der Welt gewissermaßen fortsetzen und eben gerade Glaubensverbreitung praktizieren.
Dies sind die letzten uns im Matthäusevangelium überlieferten Worte aus dem Mund Jesu vor Seiner Himmelfahrt. (Im Markusevangelium lässt sich da ein ähnlicher Missionsauftrag Jesu an Seine Jünger finden. Im Lukasevangelium erläutert Jesus ihnen zum Schluss den Sinn Seines messianischen Leidens und hebt die Notwendigkeit hervor, “in Seinem Namen solle bei allen Völkern, angefangen von Jerusalem, Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden”. Anschließend kündigt Er ihnen noch die Herabkunft des Heiligen Geistes an. [vgl. Lk 24,44 49]) Auch deshalb erhalten diese Worte Jesu einen ganz besonderen Stellenwert und dürfen als Sein geistiges Testament gelten. Umso eindrucksvoller rufen sie uns in Erinnerung, von welchem hehren Geist sowohl die katholische Kirche insgesamt als auch jedes einzelne ihrer Mitglieder erfüllt sein sollen!
Der Absolutheitsanspruch. Diese Grundwahrheiten der christlichen Offenbarungsreligion finden ihren Ausdruck auch in den folgenden kurzen Worten Jesu, die eben ganz am Ende des Markusevangeliums stehen: “Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden; wer aber (schuldbarerweise - Anm.) nicht glaubt, wird verdammt werden” (Mk 16,16). Und der hl. Apostel Paulus bekennt vor dem Hohen Rat in Bezug auf Jesus freimütig: “In keinem anderen ist Heil. Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir das Heil erlangen sollen.” (Apg 4,12.) Jesus ist der Erlöser, und jeder ist da wesentlich auf Ihn angewiesen!
Daraus leitet sich dann zunächst der Absolutheitsanspruch des christlich-katholischen Glaubens ab, der eben in der festen Überzeugung von der Göttlichkeit der Person und von der Segens- bzw. Erlösungskraft des Heilswirkens Jesu Christi gründet. Ebenso lässt sich daraus logisch schlussfolgern, dass der katholischen Kirche legitimerweise auch das Merkmal zusteht, sozusagen allein-seligmachend zu sein, da ja das Licht des Evangeliums den Völkern letztendlich doch nur dank ihrer missionarischen Vermittlertätigkeit zugänglich wird (vgl. “Beiträge”/112, S. 7-14).
Wenn aber Vertreter moderner liberaler Medien diese Begriffe allein schon hören, wetteifern sie praktisch sofort in Empörung darüber. Sei es denn nicht “respektlos” den anderen Menschen gegenüber - wird den breiten Massen massiv zu vermitteln versucht -, deren nichtchristliche religiöse Überzeugungen als unwahr und falsch zu bezeichnen und diese Menschen somit zu beleidigen? Sei es denn nicht Ausdruck einer gefährlichen “Intoleranz”, nur die eigene Meinung gelten und in den Mittelpunkt schieben zu lassen? Müsse denn nicht sogar von einer Art indiskutabler “Diskriminierung” Andersdenkender gesprochen werden, wenn man sagt, nur der christlich-katholische Glaube führe als solcher zu Gott und nicht auch ihrer?
Es sei ja auf der anderen Seite gerade Inhalt des christlichen Glaubens, niemand “ausgrenzen”, sondern allen mit “Liebe” und “Toleranz” begegnen zu sollen. Habe ja Jesus alle um sich geschart und niemand von sich gestoßen. Mit solchen oder ähnlichen Argumenten wird versucht, dem breiten Publikum weiszumachen, dass bereits ein jeglicher Ansatz irgendeiner Glaubensrichtung, ihre religiösen Auffassungen über die der Bekenner anderer Religionen oder Konfessionen zu stellen, praktisch einem Akt der Unmenschlichkeit und Verachtung anderer gleichkomme, was in keinem Fall zu dulden sei. Und besonders schlimm, wenn Katholiken mit solchen Ansichten aufwarten - da bricht sofort eine gewaltige mediale wie gesellschaftliche Lawine an Vorwürfen an deren Adresse los, welche schlimmen Verbrechen denn im Lauf der Geschichte schon so alles im Namen des Absolutheitsanspruches des Christentums und aufgrund des allein-seligmachenden Charakters des katholischen Glaubens begangen worden seien.
Das sittlich Gute. Nun, fragen wir doch zunächst, was denn das sittlich Gute seinem Wesen nach ist. Das Gute existiert nicht etwa wie eine Sache, unpersönlich-objektiv, sondern ist ein sittlicher Wille, der nicht nur selbst gut ist, sondern auch will, dass das Gute allgemein gelte. Somit beinhaltet das sittlich Gute seiner Definition nach auch den Willen, dass auch alle anderen freien Willen das Gute bejahen bzw. zum Inhalt ihres eigenen Willens machen. Das “Gute”, das nicht wollte, dass auch andere gut seien bzw. gut wollten, ist schlicht und ergreifend nicht das Gute, sondern nur irgendeine billige Parodie darauf!
So will ja z.B. jeder gute Vater oder jede gute Mutter, dass auch ihre Kinder gut seien bzw. den sittlich guten Willen besäßen. Denn wenn die Eltern sich nur darauf beschränken würden, dass sie selbst gut seien, und nicht gleichzeitig den Willen besitzen würden bzw. ihre Kinder nicht tätig darin unterweisen wollten, dass auch diese das Gute wollten, wären sie keine guten Eltern. So würde auch jeder Lehrer und Erzieher seinem Erziehungsauftrag ungerecht werden (bzw. dieses in einer jeden vernünftigen Gesellschaft irgendwann auch ganz enthoben werden), wenn er nicht auch das Gute in den Herzen seiner Schüler und Zöglinge fördern wollte. Denn ein solcher “Pädagoge” würde ja nicht hinreichend an deren Wohlergehen interessiert sein und somit den Sinn seines Berufes verfehlen.
Ferner gehört es zum Wesen des Guten, dass es auf keinen Fall die Haltung einer (bewussten) Ablehnung des Guten, das sittlich Böse, gleichwertig neben sich gelten lasse. Das Gute lehnt sogar grundsätzlich das Böse ab, zumal dieses ja die Verneinung des Guten ist. Vom generellen Anspruch auf sittliche Wertigkeit und Geltung her duldet bzw. toleriert das Gute somit in keinster Weise das Böse - beide schließen sich sogar grundsätzlich gegenseitig aus (wie Licht und Finsternis, Feuer und Wasser)! Auf dieser Ebene ist also das Gute höchst intolerant gegenüber allem, was ihm widerstreitet - anders kann es gar nicht sein. Denn auch ein jeder Staat und eine jede Gesellschaft, die nicht auf der allgemeinen und strikten Geltung seiner Anordnungen und Gesetze bestehen wollten, würden sich praktisch selbst grundsätzlich in Frage stellen bzw. aufheben.
In praktischer Hinsicht, auf der Ebene der einzelnen Menschen nämlich, die ja mit freiem Willen ausgestattet sind, ist das Gute aber in keinster Weise gewaltsam. Denn das Gute kann ja grundsätzlich nur dann als Gutes angenommen und bejaht werden, wenn es vom konkreten Menschen in und aus Freiheit angenommen bzw. bejaht wird! Ein so genanntes Gutes unter Zwang ist eigentlich ein Widerspruch in sich, weil ja das Gute eine Gesinnung ist und somit nur bei Vorhandensein einer freien Zustimmung des Willens im betreffenden Menschen “entstehen” kann!
Das Gute unternimmt auf der einen Seite alles, um das Böse (mit sittlich erlaubten Mitteln) nicht zuzulassen bzw. zu bekämpfen - es lässt nur das eigene moralische Recht auf Existenz zu und spricht dem Bösen diese sittliche Legitimation logischerweise ab! Sonst wäre es ja nicht das Gute. Auf der anderen Seite erträgt, erduldet, sprich toleriert, das Gute aber auch das Böse, sofern es dieses nicht verhindern kann und mit ihm sozusagen objektiv konfrontiert wird. Wahre und echte “Toleranz” (im eigentlichen Sinn des Wortes) bedeutet eben nicht Gleichgültigkeit bzw. totale Liberalität (in sittlich relevanten Fragen), sondern ist eine edle Haltung, die von einer aufrichtigen und ganzheitlichen Liebe zum Guten und zur Wahrheit beseelt ist und diesen Werten auch zum Sieg verhelfen möchte, dem anderen freien Willen gleichzeitig aber auch nicht die Freiheit nimmt (und auch nicht nehmen darf!), sich eben in Freiheit für das Gute und Wahre entscheiden zu können.
Die Wahrheit und Liebe Jesu verkünden. Diese grundsätzlichen Überlegungen nun auf die konkrete Ebene des christlich-katholischen Glaubens und der katholischen Kirche übertragend, erkennen wir, wie viel Unzutreffendes und teilweise sogar manches an böswilliger Polemik in den betreffenden weiter oben angesprochenen mannigfachen Vorwürfen an die Adresse der katholischen Kirche enthalten ist.
Der christlich-katholische Glaube ist genauso wenig “respektlos” Andersdenkenden gegenüber, wie ein Staat, der sagt, dass man z.B. nicht stehlen oder Steuern hinterziehen darf, und dann auch ganz konsequent versucht, Diebe und Steuerhinterzieher aufzuspüren und strafrechtlich zu verfolgen. Wenn sich aber das weltliche Recht Geltung verschaffen will, damit es von den Bürgern überhaupt als Recht wahrgenommen und anerkannt werden kann, dann hat auch die katholische Kirche das volle moralische Recht dazu klarzustellen, was sie als wahr und richtig ansieht und was in ihren Augen als Irrtum und Unrecht gilt! Sie darf ja nach der Logik der eigenen Lehre ihre Meinung keinem Menschen mit Gewalt aufzwingen - das ist hier der entscheidende Punkt! -, sondern wirbt dafür mit dem gesamten Gewicht ihrer Autorität. Dabei kann und darf sie natürlich auch feststellen, welche konkreten theologischen Inhalte ihrem Glauben widersprechen und somit von ihr z.B. als Irr- oder Unglaube eingestuft werden.
Warum soll es denn “beleidigend” sein, z.B. einem Nichtchristen mit allem gebotenen menschlichen Anstand mitzuteilen, dass man seine Glaubenshaltung nicht teilen kann, weil sie vielleicht sogar zutiefst den eigenen Glaubensüberzeugungen widerspricht? Er lehnt ja unsere christlich-katholischen Glaubensinhalte ebenfalls entschieden ab, und wir fühlen uns allein deswegen ja bei weitem noch nicht persönlich gekränkt oder beleidigt! Intoleranz liegt vor, wenn jemand die anderen mit Gewalt oder Drohungen zwingt, die eigenen Auffassungen anzunehmen, nicht aber, wenn man die theologischen Differenzen sachlich zur Sprache bringt und dabei auch kontrovers durchdiskutiert.
Die Kreise, die behaupten, man würde “Intoleranz” an den Tag legen, wenn man als Christ und Katholik z.B. den Glaubensauffassungen der jüdischen, moslemischen, buddhistischen oder einer sonstigen Religion nicht mit innerer Hochachtung begegnen würde, verhalten sich ja nach ihrer eigenen Logik selbst zutiefst “intolerant” der katholischen Religion gegenüber, weil sie ja deren feste Überzeugung von der Erlösung in Jesus Christus nicht nur nicht achten wollen, sondern sogar ausdrücklich kritisieren!
Sie behaupten zwar, jede Meinung sei relativ und keine Religion dürfe den Absolutheitsanspruch (den Anspruch auf allgemeine Geltung) erheben, mit welchem Argument sie dann v.a. den überlieferten Katholizismus bekämpfen (wollen). Sie selbst aber erheben zur selben Zeit sehr wohl den Anspruch, dass ihre betreffende Meinung (dass alles halt relativ und nichts absolut sei) allgemeine Geltung besäße und somit im betreffenden Sinn absolut sei. Man spricht den anderen grundsätzlich etwas ab, was man für die eigene Meinung aber sehr wohl beansprucht. Somit widersprechen sie ihrem eigenen Argument bzw. führen es ad absurdum!
Ja, Jesus hat sich aller Menschen angenommen bzw. hat an sich keinen von sich weggestoßen. Nur hat Er dabei sowohl die Sünde und den im Widerspruch zu Seiner Lehre stehenden falschen Glauben klar beim Namen genannt (ohne falsche Rücksichten auf die Person oder deren Religion) als auch die betreffenden Sünder und Irrenden unmissverständlich zur Umkehr gerufen! Jesus hat den anderen Menschen gegenüber weder Hass empfunden noch Verachtung entgegengebracht. Allerdings sprach Er auch keiner sittlichen Gleichgültigkeit und glaubensbezogenen Indifferenz das Wort, sondern stellte sehr wohl das göttliche Gebot bzw. Seine Lehre in den Mittelpunkt - gerade wegen Seiner großen Liebe zu den Menschen!
Der eigentliche Liebesdienst am Mitmenschen besteht darin, dass man ihm auch alles Gute wünscht bzw. zukommen lassen möchte und dann auch in praktischer Hinsicht alles unternimmt, dass dieser Nächste ebenfalls zur Erkenntnis des selbst erkannten Wahren und Rechten gelange. Die eigentliche Verachtung eines Menschen besteht dagegen bezeichnenderweise gerade auch im Desinteresse an seinem geistigen Wohlergehen, indem man ihm z.B. die für ihn unangenehme Wahrheit verschweigt und ihn auf diese Weise vielleicht sogar in sein Verderben laufen lässt! Denn wenn es anrüchig sein soll, einem Nichtchristen die selbstlose Liebe Jesu zu predigen bzw. die Gnaden der Erlösung Christi zu vermitteln, dann dürfte z.B. auch kein Arzt seinen Patienten eine Mitteilung von einer schlimmen Krankheitsdiagnose machen bzw. ihnen entsprechende Heilung versprechende Medikamente verschreiben! Oder man dürfte dann nicht in Gegenwart anderer (und hier speziell von Jugendlichen) von den Gefahren sprechen, die ihnen z.B. durch Drogen, Alkohol oder Zigaretten entstehen! “Diskriminierung” oder “psychischer Druck” halt...
Aber ist denn nicht viel Unrecht im Namen des Katholizismus begangen worden im Lauf der Geschichte? Sicher ist da auch nicht nur so manches Unrecht begangen worden. Nur was hat denn dies mit der grundsätzlichen Frage zu tun, die wir hier erörtern, ob nämlich eine jegliche (friedliche) Missionsbemühung an sich unsittlich sei bzw. welche Religion an sich die richtige oder die falsche ist? Sollen wir denn bei der objektiven Bewertung der christlich-katholischen Religion wirklich immer nur bzw. hauptsächlich davon ausgehen, wer und wie oft sie falsch verstanden, verkehrt angewandt oder zweckentfremdend gebraucht hat?
Unser Haupt- bzw. eigentliches Argument z.B. in der sachlichen theologischen Auseinandersetzung mit dem Atheismus, dem Judentum oder dem Islam besteht ja auch nicht darin, alle jene Verbrechen aufzuzählen, welche im Lauf der Geschichte von den Menschen im Namen der Gottlosigkeit, des Zionismus oder des Islams begangen worden sind!
Nein, sachliche Diskussion bedeutet eben sachliche Auseinandersetzung über Prinzipien, die auf der einen Seite sehr wohl die Frage nach der Wahrheit in den Vordergrund stellt und vor keiner Feststellung zurückschreckt, mag sie noch so unbequem oder gegen die gerade geltende sog.”politische Korrektheit” gerichtet sein. Auf der anderen Seite bzw. zur gleichen Zeit begegnet man aber dem jeweiligen menschlichen Gegenüber mit Anstand und allgemein gültiger Achtung - man will ihn zu nichts zwingen, sondern von der erkannten Wahrheit des christlich-katholischen Glaubens bzw. von der Wahrheit Jesu Christi überzeugen! Denn wie sollte man Gott die Ihm gebührende Ehre geben können, wenn man kein Interesse an der von Ihm geoffenbarten Wahrheit hätte? Nein, die christliche Mission hat schon einen sehr tiefen Sinn, weil sie - richtig im Sinne Jesu verstanden - sowohl Ausdruck der eigenen Liebe zu unserem göttlichen Erlöser als auch wegen der Sorge um das geistige Wohlergehen unserer Mitmenschen.
Wie wenig man z.B. einer Maria Magdalena den Mund verbieten kann, allen voll Freude über das erfahrene Glück zu berichten, wie sie nämlich von Jesus vor dem sicheren Tod der Steinigung bewahrt worden ist, wie Er ihr dann ihre großen Sünden vergeben und ihr ganzes Leben durch Sein Wort und Seine Gnade extrem bereichert hat, so wenig kann und darf man auch die Glaubensüberzeugung der Christen und Katholiken von der Wahrheit der Lehre und der Güte und Barmherzigkeit der Person Jesu Christi kriminalisieren, weil ja dann hier jedem Menschen sehr wohl bzw. ausdrücklich auch die Freiheit gelassen wird (ja gelassen werden muss!), sich dann selbst dazu inhaltlich zu positionieren.
Hass oder Verachtung anderer hat nichts mit der Lehre Jesu zu tun. Jesus hat seine Verfolger und Peiniger nicht nur nicht gehasst, sondern am Kreuz sogar ausdrücklich für sie gebetet! Er unterrichtete auch Seine Jünger unmissverständlich darin, nicht nur den eigenen Freunden Gutes zu wünschen und zu tun, sondern darüber hinaus sogar auch denen, die einen verfolgen oder ihm Unrecht tun. Feindesliebe ist im Christentum ein wesentlicher Bestandteil der Nächstenliebe - das weiß an sich jedes Kind, welches katholischen Katechismusunterricht genossen hat! Wer Jesus liebt, darf seinen Mitmenschen auch nur Gutes wünschen und tun, welchem Volk, welcher Rasse oder Religion diese auch immer angehören mögen.
Aber gerade weil ein katholischer Christ in Jesus Christus die Wahrheit und die Liebe Gottes gefunden hat, will er in bester Absicht eben auch den anderen von seinem Glück berichten und ihnen von Herzen dieselbe positive Erfahrung gönnen. Da ist überhaupt nichts Anrüchiges an dieser christlich-katholischen Sicht der Dinge, auch wenn dieser Missionsgedanke in unserer heutigen von den Massenmedien dominierten Gesellschaft oft genug ganz anders dargestellt bzw. kriminalisiert wird.

P. Eugen Rissling

 

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